Beckenboden Schmerzen sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Problem, das Frauen und Männer jeden Alters betreffen kann. Die Beschwerden reichen von ziehenden oder stechenden Schmerzen im Becken bis hin zu Problemen beim Wasserlassen, Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Ursachen Beckenboden Schmerzen haben können, wie sie sich äußern und welche Therapien und Übungen helfen, die Beschwerden nachhaltig zu lindern.
Welche Ursachen haben Beckenboden Schmerzen?
💡 Beckenboden Schmerzen entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel aus muskulären, neurologischen, entzündlichen, gynäkologischen, urologischen sowie psychologischen Faktoren.
Muskelbedingte Ursachen
Verspannungen oder Muskelkrämpfe
Eine der häufigsten Ursachen sind Verspannungen der Beckenbodenmuskulatur. Diese entstehen oft durch langes Sitzen, Fehlhaltungen, Überbelastung (z.B. beim Sport), aber auch durch psychischen Stress oder emotionale Belastungen. Das myofasziale System reagiert auf Stress mit Anspannung, wodurch sogenannte Triggerpunkte entstehen können – kleine, schmerzhafte Knoten im Muskelgewebe, die die Funktion des Beckenbodens beeinträchtigen. Auch das Sitzen auf kalten Oberflächen oder eine falsche Sitzhaltung, etwa nach einer langen Fahrradtour, können Verspannungen und Schmerzen hervorrufen.
Traumata oder Verletzungen
Verletzungen durch Geburten, Operationen, Unfälle oder Stürze können den Beckenboden schädigen. Solche Traumata führen oft zu Narbenbildung oder einer gestörten Muskelkoordination, was wiederum Schmerzen verursacht.
Überlastung oder falsche Beanspruchung
Intensive sportliche Aktivitäten, schweres Heben oder wiederholte Fehlbelastungen führen zu einer Überbeanspruchung der Beckenbodenmuskulatur. Besonders nach dem Sport berichten viele über Beckenboden Schmerzen, die sich durch ziehende oder stechende Schmerzen äußern und auf eine Überlastung oder Mikroverletzungen zurückzuführen sind.
Neurologische Ursachen
Neuralgia
Nervenreizungen, wie die Pudendusneuralgie, entstehen durch Druck, Entzündungen oder Verletzungen des Nervus pudendus. Dies führt zu stechenden, brennenden oder elektrisierenden Schmerzen im Beckenbereich.
Neuropathien
Chronische Nervenreizungen oder -schädigungen, etwa nach Operationen oder durch Diabetes, können zu anhaltenden Schmerzen führen. Die Beschwerden sind oft schwer zu lokalisieren und gehen mit Missempfindungen einher.
Entzündliche oder infektiöse Ursachen
Harnwegs- oder Vaginalinfektionen
Akute oder chronische Infektionen der Harnwege oder der Scheide führen häufig zu Schmerzen im Beckenboden. Typisch sind Brennen beim Wasserlassen, Druckgefühl und manchmal auch Fieber.
Chronisch-entzündliche Erkrankungen
Erkrankungen wie Endometriose, Adenomyose, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder das schmerzhafte Blasensyndrom (interstitielle Zystitis) können den Beckenboden dauerhaft reizen und Schmerzen verursachen.
Gynäkologische oder urologische Ursachen
Endometriose
Bei Endometriose wachsen Gebärmutterschleimhautzellen außerhalb der Gebärmutter und verursachen zyklische oder dauerhafte Schmerzen, die oft mit schmerzhaftem Sex und starken Menstruationsbeschwerden einhergehen.
Prolaps
Eine Senkung oder ein Vorfall der Beckenorgane (z.B. Gebärmutter, Blase) führt zu Druckgefühl, Schmerzen und Problemen beim Wasserlassen oder Stuhlgang.
Harnwegsprobleme
Blasenfunktionsstörungen, wiederkehrende Infektionen oder Steine können ebenfalls Schmerzen im Beckenbodenbereich verursachen.
Psychologische oder funktionelle Ursachen
Schmerzen im Zusammenhang mit Stress oder Angst
Psychische Belastungen wie Stress, Angst oder Depressionen führen über das vegetative Nervensystem zu einer erhöhten Muskelspannung. Der Beckenboden reagiert sensibel auf emotionale Zustände, was zu funktionellen Schmerzen führen kann.
Chronische funktionelle Schmerzen
Manchmal lässt sich keine organische Ursache finden. In solchen Fällen spricht man von chronischen funktionellen Beckenbodenschmerzen, die durch ein Zusammenspiel aus körperlichen und seelischen Faktoren entstehen.

Wie äußern sich Beckenboden Schmerzen?
Beckenboden Schmerzen können sehr unterschiedlich wahrgenommen werden und hängen oft von der Ursache ab.
Ziehende oder stechende Schmerzen im Becken
Häufig beschreiben betroffene Frauen auch Schmerzen im Vulva-Bereich vorallem seitlich der äußeren Vulvalippen.eDesweiteren sind ziehende, krampfartige oder stechende Schmerzen im Unterbauch, die häufig in den Rücken, die Leisten oder die Oberschenkel ausstrahlen können typisch.
Beschwerden beim Sitzen oder beim Geschlechtsverkehr
Viele Betroffene berichten über verstärkte Schmerzen beim Sitzen oder beim bzw. nach dem Geschlechtsverkehr (schmerzhafter Sex).
Stehen und Heben und Tragen
Auch bei längerem Stehen oder bei Belastung durch längeres Tragen von Babys, Kleinkindern oder schweren Gegenständen kann es zu Schmerzen im Beckenboden kommen. Diese können auch in den unteren Rücken, in die Gesäßmuskulatur und die Oberschenkel ausstrahlen.
Probleme beim Wasserlassen oder Stuhlgang
Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang oder ein dauerhaftes Kribbeln in der Harnröhre können auftreten.
Schwierigkeiten beim Stuhlgang als auch Schmerzem im After vor oder nach dem Stuhlgang sind häufige Begleitsymptome.
Druckgefühl im Becken
Ein unangenehmes Druck- oder Fremdkörpergefühl im Beckenbereich kann auf eine Organsenkung oder einen Prolaps hinweisen.

Wann sollte man mit Beckenbodenschmerzen ärztlichen Rat einholen?
Ein Arztbesuch ist ratsam, wenn:
- die Schmerzen länger als einige Tage anhalten oder sehr stark sind
- Begleitsymptome wie Fieber, Blutungen, Inkontinenz oder starke Schmerzen beim Wasserlassen auftreten
- die Beschwerden nach einer Geburt, Operation oder Verletzung auftreten
- Sie unter wiederkehrenden Harnwegsinfekten oder Verdauungsproblemen leiden
Frühe Abklärung ist wichtig, um schwerwiegende Ursachen auszuschließen und eine gezielte Behandlung einzuleiten.

Wie werden Beckenboden Schmerzen diagnostiziert?
Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung.
Je nach Verdacht können folgende Untersuchungen notwendig sein:
- Gynäkologische oder urologische Untersuchung
- Ultraschalluntersuchung des Beckens
- Laboruntersuchungen (z.B. Urin, Blut)
- Bildgebende Verfahren wie MRT
- Funktionstests des Beckenbodens
In manchen Fällen ist eine Überweisung an spezialisierte Zentren, wie ein Beckenboden Zentrum, sinnvoll.

Behandlungsmethoden für Beckenbodenschmerzen
Konservative Therapie
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Physiotherapie: Spezielle Übungen zur Entspannung und Kräftigung des Beckenbodens, zum Beispiel durch PhysioPelvica Therapeutinnen oder nach dem Tanzberger-Konzept .
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Beckenbodenbehandlung: Eine gezielte manuelle Behandlung des Beckenbodens durch Faszienmobilisation oder eine Triggerpunktbehandlung .kann Verspannungen lösen und Schmerzen lindern.
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Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel, Muskelrelaxantien oder entzündungshemmende Medikamente.
- Psychotherapie: Bei psychischen Ursachen kann eine begleitende Therapie sinnvoll sein.
Invasive Verfahren
- Injektionen: Lokale Betäubungsmittel oder Kortisonpräparate bei starken Schmerzen.
- Operative Maßnahmen: Bei ausgeprägtem Prolaps oder Endometriose kann eine Operation notwendig sein.

Welche Übungen helfen bei Beckenboden Schmerzen?
💡 Gezielte Übungen können helfen, den Beckenboden zu entspannen und zu stärken. Wichtig ist, die Übungen korrekt auszuführen und auf die individuellen Beschwerden abzustimmen.
Child’s Pose (Yoga-Kindhaltung)
Die Yoga-Kindhaltung ist eine sanfte Dehnübung, die den Beckenboden entspannt und Verspannungen löst. Sie eignet sich auch für Yoga für den Beckenboden.
Ziel: Entspannung des Beckenbodens, Linderung von Verspannungen
Durchführung:
- Kniend auf einer Matte beginnen die Knie leicht auseinander.
- Setzen Sie sich auf die Fersen und beugen Sie den Oberkörper langsam nach vorne, bis die Stirn den Boden berührt.
- Die Arme können nach vorne ausgestreckt, seitlich am Körper oder unter der Stirn abgelegt werden.
- Atmen Sie ruhig und tief mit geschlossenen Augen ein und aus.
- Halten Sie diese Position ein bis zwei Minuten und spüren Sie, wie sich der Beckenboden mit jeder Ausatmung entspannt.
💡 Tipp: Nach der Übung auf den Rücken legen, Arme und Beine locker ausstrecken, Handflächen nach oben – das fördert die vollständige Entspannung.
Beckenbodenmassage mit Tennis- oder Faszienball
Mit einem Tennis- oder Faszienball können Sie eine Beckenbodenmassage durchführen, um gezielt Verspannungen im Beckenbodenbereich zu lösen.
Ziel: Lösen von Triggerpunkten und Verspannungen
Durchführung:
- Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl.
- Platzieren Sie einen Tennis- oder Faszienball unter dem Beckenboden (zwischen Sitzbein und Damm).
- Rollen Sie sanft vor und zurück oder kreisen Sie langsam, um verspannte Bereiche zu ertasten.
- Bleiben Sie auf schmerzhaften Punkten für einige Sekunden und atmen Sie tief ein und aus, bis die Spannung nachlässt.
- Alternativ ist es auch möglich, sich auf eine Faszienrolle zu setzen. Diese kann dazu längs oder quer zum Becken gerichtet sein. Je nachdem, was sich angenehmer anfühlt.
Zwerchfellatmung
Tiefes Atmen mit dem Zwerchfell unterstützt die Entspannung des Beckenbodens und verbessert die Durchblutung.
Ziel: Entspannung und bessere Durchblutung des Beckenbodens
Durchführung:
- Legen Sie sich auf den Rücken, die Beine angewinkelt.
- Legen Sie eine Hand auf den Bauch.
- Atmen Sie tief durch die Nase ein, sodass sich der Bauch hebt (Zwerchfellatmung).
- Beim Ausatmen langsam die Luft durch den Mund entweichen lassen und den Beckenboden bewusst entspannen.
- Wiederholen Sie die Übung für fünf bis zehn Atemzüge.
Entspannung und Dehnung des Beckenbodens
Spezielle Übungen zur Entspannung des Beckenbodens helfen bei einem hypertonen Beckenboden und können Beschwerden lindern (Übungen zur Entspannung des Beckenbodens).
Ziel: Lockerung eines hypertonen Beckenbodens
Durchführung:
- Setzen Sie sich bequem hin oder legen Sie sich auf den Rücken.
- Spannen Sie den Beckenboden sanft an (wie beim Anhalten des Urins), halten Sie die Spannung für zwei bis drei Sekunden, dann lösen Sie sie vollständig.
- Konzentrieren Sie sich auf das bewusste Loslassen und die Entspannung der Muskulatur.
- Wiederholen Sie die Übung acht- bis zehnmal.
Dehnübungen für Becken und unteren Rücken
Sanfte Dehnübungen fördern die Beweglichkeit und entlasten die Beckenbodenmuskulatur.
Ziel: Verbesserung der Beweglichkeit und Entlastung des Beckenbodens
Durchführung:
- Legen Sie sich auf den Rücken, beide Knie anwinkeln.
- Ziehen Sie ein Knie zur Brust, halten Sie es mit beiden Händen fest.
- Halten Sie die Dehnung für 20–30 Sekunden, dann wechseln Sie das Bein.
💡 Alternativ: Beide Knie zur Brust ziehen und sanft hin- und herwiegen.
Sanfte Mobilisationsübungen für das Becken
Mobilisationsübungen verbessern die Durchblutung und lösen Blockaden.
Ziel: Förderung der Durchblutung und Beweglichkeit
Durchführung:
- Im Liegen die Knie aufstellen, Füße hüftbreit.
- Das Becken langsam nach vorne und hinten kippen (wie beim „Katzenbuckel“ und „Pferderücken“).
- Zehn bis fünfzehn Wiederholungen langsam und kontrolliert durchführen.
Dehnübungen für Gesäß- und Adduktorenmuskulatur
Gezielte Dehnungen dieser Muskelgruppen entlasten den Beckenboden zusätzlich.
Ziel: Entlastung des Beckenbodens durch Lockerung angrenzender Muskelgruppen
Durchführung:
- Im Sitzen ein Bein über das andere schlagen, das Knie leicht nach außen drücken, bis eine Dehnung im Gesäß spürbar ist.
- Im Sitzen die Fußsohlen aneinander legen, Knie nach außen fallen lassen (Schmetterlingssitz), Oberkörper sanft nach vorne beugen.
- Jede Dehnung 20–30 Sekunden halten und den Atem fließen lassen.
💡 Die Übungen sollten schmerzfrei und langsam durchgeführt werden. Bei Unsicherheiten oder Schmerzen empfiehlt sich die Anleitung durch eine spezialisierte Physiotherapeutin für Beckenbodenbeschwerden.
Beckenboden Schmerzen haben vielfältige Ursachen und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Eine gezielte Diagnose und individuell abgestimmte Therapie – von Physiotherapie über Beckenbodenbehandlung bis hin zu speziellen Übungen – sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Linderung der Beschwerden. Bei anhaltenden oder starken Schmerzen sollten Sie frühzeitig ärztlichen Rat einholen, um schwerwiegende Ursachen auszuschließen und die richtige Behandlung einzuleiten.
Quellen und weiterführende Informationen: