Die Pilates-Methode ist bekannt dafür, die gesamte Tiefenmuskulatur auf sanfte Weise zu stärken. Sie kräftigt insbesondere den Beckenboden und die Bauchmuskulatur. In diesem Artikel werden die Vorteile von Pilates für den Beckenboden im Detail vorgestellt. Außerdem erfahren Sie, welche Übungen Sie täglich durchführen können, um in jedem Alter eine optimale Beckenbodenstabilität zu erreichen.
Die Grundprinzipien des Pilates angewendet auf den Beckenboden
Joseph Pilates war ein autodidaktischer Athlet, der in den 1920er Jahren lebte. Er ist der Begründer der nach ihm benannten Methode. Diese Praxis umfasst verschiedene gymnastische Haltungen und basiert auf den folgenden Prinzipien:
Die Atmung
💡 Die Atmung ist ein zentrales Element im Pilates. Jede Übung wird mit einer sanften Anspannung des Beckenbodens während der Ausatmung ausgeführt. Beim Einatmen hilft der Atem, den Beckenboden zu entspannen – ein wichtiger Aspekt, besonders für Menschen mit einem hypertonen Beckenboden.
Die Konzentration
Während einer Pilates-Stunde fordert der/die Lehrer·in die Teilnehmenden auf, sich auf den Körper – insbesondere auf den Unterbauch – zu konzentrieren. Dies fördert das Körperbewusstsein und hilft, die Bewegungen im Beckenbodenbereich besser zu spüren. Durch die Konzentration auf die Atmung und die Aktivierung der zentralen Muskulatur wird die Verbindung zwischen Atmung, Bauch und Beckenboden gezielt trainiert.
Das Zentrieren oder „Powerhouse“
Jede Pilates-Übung aktiviert die Muskeln der Bauchhöhle, insbesondere:
- den Transversus abdominis,
- die schrägen Bauchmuskeln,
- sowie den Rückenstrecker.
Durch diese Arbeit werden nicht nur die Bauchmuskeln, sondern auch der Beckenboden gestärkt – was besonders wichtig ist bei einem schwachen Beckenboden.
Präzision und Kontrolle
Die Bewegungen im Pilates stärken den Beckenboden sanft und kontrolliert. Sie respektieren die Ausrichtung des Beckens und der Wirbelsäule, wodurch Haltung und Stabilität verbessert werden.
Die Fließbewegung
Die Abfolge der verschiedenen Pilates-Bewegungen erfolgt langsam und harmonisch. Der Übergang zwischen den Positionen wird durch eine ruhige, zentrierte Atmung begleitet, die sich auf die Körpermitte und den Beckenboden konzentriert.
Welche Vorteile hat Pilates für den Beckenboden?
Pilates hilft, einen gesunden Beckenboden zu erhalten und ist in vielen Situationen vorteilhaft.
Tiefenmuskulatur stärken und Tonus verbessern
Diese sanfte Methode führt zu einer gezielten Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur und der Körpermitte. Die Kombination aus Atmung, Bauchmuskelaktivierung und Beckenbodenarbeit verbessert die Muskelspannung und steigert insgesamt die Lebensqualität der Teilnehmenden – besonders relevant für Personen mit schwachem Beckenboden.
Vorbeugung und Verringerung von Harninkontinenz
Kann Pilates Harninkontinenz reduzieren? Ja, definitiv. Die Kräftigung des Beckenbodens trägt dazu bei, die Blasenfunktion intakt zu halten. Eine randomisierte Studie zeigte, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer·innen mit Belastungsinkontinenz auf Inkontinenzprodukte verzichten konnte, nachdem sie ein Pilates-Programm absolviert hatten.
Unterstützung während Schwangerschaft und Wochenbett
Ist Pilates während der Schwangerschaft und nach der Schwangerschaft erlaubt? Ja, Beckenbodentraining in der Schwangerschaft ist sehr hilfreich und sollte dennoch nach Rücksprache mit ärztlichem Personal erfolgen. Nach der Geburt kann man ebenfalls nach Rücksprache mit sanften Übungen wieder einsteigen.
Eine Studie zu einem pränatalen Pilates-Programm zeigte, dass es bei Schwangeren keine Gegenanzeigen gibt. Das Training bestand aus 16 Sitzungen zwischen der 26. und 28. Schwangerschaftswoche. Medizinische Analysen zeigten, dass Pilates Schmerzen während der Geburt verringern und die Dauer der Austreibungsphase reduzieren kann.
In der Rückbildungszeit sind Pilates-Übungen bekannt dafür, das Risiko einer Harninkontinenz zu senken.
Effektive Prävention von Organabsenkungen
Weitere Untersuchungen zeigen, dass diese Beckenboden-Gymnastik helfen kann, das Auftreten eines leichten Prolapses zu verhindern. Allerdings kann Pilates allein eine Organabsenkung nicht vollständig behandeln; in solchen Fällen ist medizinische Betreuung notwendig. Die Übungen dienen als ergänzende Beckenbodenstärkung.
Verbesserung des sexuellen Wohlbefindens
Dyspareunien, also Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, treten häufig zusammen mit Harninkontinenz bei Frauen in den Wechseljahren auf. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Pilates das sexuelle Wohlbefinden verbessern kann.
Welche Pilates-Übungen stärken den Beckenboden?
Beckenboden-Atmung
So führen Sie die Übung aus:
- Legen Sie sich auf den Rücken, Beine angewinkelt, Arme entlang des Körpers.
- Atmen Sie tief ein.
- Beim Ausatmen spannen Sie den Beckenboden langsam an. Beim Einatmen den Beckenboden wieder entspannen.
Die Brücke (Der „Bridge“)
Diese Position wird folgendermaßen ausgeführt:
- Legen Sie sich auf den Rücken, Knie gebeugt, Füße hüftbreit auseinander.
- Atmen Sie ein, mit der Ausatmung aktivieren Sie den Beckenboden.
- Heben Sie das Steißbein vom Boden ab, während die Schultern am Boden bleiben.
- Heben Sie das Becken weiter an, bis die Linie Schultern–Knie einen Winkel von 45–60 Grad zum Boden bildet.
- Halten Sie die Position einige Sekunden und atmen Sie tief.
- Senken Sie das Becken langsam ab, während der Beckenboden weiterhin aktiviert bleibt.
Diese Übung fördert die Körperstabilität und stärkt gezielt den Beckenboden.
Der „Dead Bug“ (Toter Käfer)
Diese Übung ist ideal für den Transversus abdominis und zur Verbesserung der Kraft der gesamten Bauchmuskulatur:
- Legen Sie sich auf den Rücken, Arme und Beine im 90-Grad-Winkel zum Oberkörper.
- Atmen Sie ein und mit einer Ausatmung aktivieren Sie den Beckenboden.
- Führen Sie das rechte Bein und den linken Arm langsam Richtung Boden, dabei flüssig weiteratmen.
- Zurück in die Ausgangsposition und dann die Übung mit dem linken Bein und dem rechten Arm wiederholen.
- 10 Wiederholungen pro Seite durchführen.
Die Hunderter („The Hundred“)
Diese Übung beansprucht ebenfalls die Beckenbodenmuskulatur:
- Legen Sie sich auf den Rücken, Arme entlang des Körpers.
- Beine auf 45 Grad anwinkeln.
- Beckenboden während der gesamten Übung immer mit der Ausatmung aktivieren.
- Schlagen Sie die Arme synchron 5 Atemzüge lang auf bzw. leicht nach oben Richtung Decke.
- Weitere 5 Atemzüge lang schlagen beim Ausatmen.
- Insgesamt 10 Zyklen durchführen und den Beckenboden aktiviert halten.
Roll-Up
Der Roll-Up mobilisiert die Wirbelsäule und die Körpermitte:
- Legen Sie sich auf den Rücken.
- Tief einatmen.
- Ausatmen und Wirbel für Wirbel aufrollen, bis Sie in eine aufrechte Sitzposition kommen.
- Tief einatmen und langsam wieder abrollen in die Ausgangsposition, ausatmen.
Fußtippen
Empfohlen im Postpartum, kann stehend oder liegend durchgeführt werden:
- Legen Sie sich auf den Rücken.
- Tief einatmen und mit der Ausatmung Beckenboden aktivieren und.
- Beide Knie nacheinander auf 90 Grad anheben beim Ausatmen, Oberschenkel senkrecht zum Boden.
- Mit der nächsten Ausatmung mit einem Fuß auf den Boden tippen und kontrolliert wieder nach oben bringen. Dann das andere Bein.
- 10 Wiederholungen pro Bein.
Aufzug-Übung („Lift Exercise“)
Diese Übung fördert die Aufmerksamkeit für den Beckenboden und kontrolliert die Anspannung:
- Sitzen oder liegen auf der Matte, flüssig atmen.
- Stellen Sie sich vor, Ihr Beckenboden ist ein Aufzug.
- Heben Sie den Beckenboden mit einer Ausatmung Stockwerk für Stockwerk an, bis zur maximalen Kontraktion.
- Senken Sie ihn langsam wieder ab, ebenfalls Stockwerk für Stockwerk.
Häufige Fehler beim Pilates zur Stärkung des Beckenbodens
Pilates ist sehr effektiv, um einen tonischen Beckenboden wiederherzustellen. Allerdings können einige Bewegungen mehr Schaden als Nutzen anrichten, wenn sie falsch ausgeführt werden.
Nach unten drücken statt den Beckenboden anzuspannen
💡 Alle Anstrengungen sollten nach innen gerichtet sein, nicht nach außen. Jede Bewegung, die Druck nach unten erzeugt, kann den intraabdominalen Druck erhöhen und somit kontraproduktiv sein – besonders bei einem schwachen Beckenboden.
Gesäß oder Oberschenkel anspannen statt des Beckenbodens
Es ist wichtig, die Beckenbodenaktivierung nicht mit der Anspannung von Oberschenkeln oder Gesäß zu verwechseln. Die Kontraktion des Beckenbodens fühlt sich ähnlich an wie das Zurückhalten von Urin oder Stuhl – eine geschlossene, nach innen gerichtete Spannung im Bereich von Vagina und Anus.
Die Atmung blockieren
Im Pilates bleibt der Atem flüssig und kontrolliert. Die Muskeln sollten nicht durch Luftanhalten blockiert werden. Im Gegenteil: Durch harmonische Atmung werden unnötige Spannungen im Körper gelöst, während der Beckenboden aktiviert bleibt bzw. mit angespannt wird.
Unregelmäßige Praxis
Eine einzelne Übungseinheit reicht nicht aus, um die optimale Beckenbodentonus zu erreichen. Regelmäßigkeit ist entscheidend – besser kurze, häufige Einheiten als seltene lange Sitzungen.
Können Pilates-Übungen eine professionelle Beckenbodenrehabilitation ersetzen?
Nein. Pilates ersetzt nicht die Beckenbodenrehabilitation durch eine Fachperson. Eine Analyse von sieben klinischen Studien zeigt, dass Pilates lediglich eine ergänzende Maßnahme sein kann.
Unterschiede zwischen Pilates und professioneller Beckenbodenrehabilitation
Intensität und Zielsetzung
Pilates-Kurse sind weniger intensiv als Beckenbodentraining bei einer Physiotherapeutin. Das Ziel von Pilates unterscheidet sich von einer maßgeschneiderten Reha.
Personalisierung und medizinische Betreuung
Ein Beckenbodentraining bei Fachpersonal wird individuell angepasst und kann unter gewissen Voraussetzungen von der gesetzlichen oder privaten Krankenkasse erstattet werden. Viele Physiotherapeutinnen bieten mittlerweile auch Selbstzahlertermine an.
Übungen werden speziell verschrieben bei:
- Geburt
- Harninkontinenz
- Prolaps
- Schmerzen
Techniken in der professionellen Beckenbodenrehabilitation:
- Biofeedback: Aktivierung des Beckenbodens mit visueller Rückmeldung auf einem Bildschirm.
- Elektrostimulation: Passive elektrische Impulse für stark geschwächte Beckenbodenmuskeln.
Welche Alternativen zu Pilates gibt es, um den Beckenboden zu trainieren?
Neben Pilates gibt es weitere Möglichkeiten, den Beckenboden zu stärken – idealerweise in Kombination mit einer professionellen Betreuung.
Beckenbodensonden
Die Perifit Care und Perifit Care+ Beckenbodentrainer ermöglichen Kegel-Übungen zu Hause, spielerisch und effektiv. Mit Biofeedback-Technologie verbunden, zeigen sie in Echtzeit die Kontraktion und Entspannung des Beckenbodens über eine mobile App. So können Fortschritte sichtbar gemacht, Bewegungen korrigiert und die Motivation durch interaktive Spiele gesteigert werden.
Schon nach wenigen Minuten täglicher Anwendung können erste Ergebnisse innerhalb von zwei Wochen sichtbar sein:
- Verringerung von Harninkontinenz,
- Verbesserung der Muskeltonizität,
- Bessere Wahrnehmung bei intimen Aktivitäten.
💡 85% der Perifit-Anwenderinnen haben nach 4 Monaten ihre Symptome reduzieren können.
Yoga
Ähnlich wie Pilates fördern Yoga-Übungen für den Beckenboden die Tiefenmuskulatur. Yoga-Übungen zielen jedoch stärker auf Flexibilität und Körperwahrnehmung ab. Bestimmte Yoga-Positionen unterstützen die Entspannung des Beckenbodens und sind daher besonders wirksam zur Stressreduktion.
Hypopressive Bauchübungen
Diese sanfte Atemübung reduziert den intraabdominalen Druck durch gezielte Atemtechniken:
- Einatmen und den Bauch aufblähen,
- Ausatmen und die Luft vollständig entleeren,
- Atem anhalten (Apnoe).
Dies erzeugt eine Absenkung des Bauches, aktiviert den Transversus abdominis, den Beckenboden und das Zwerchfell.
Wenn die Person die Beckenbodenkontraktionen gut wahrnimmt, können Geisha-Bälle ein ergänzendes Training sein. Diese vaginalen Hilfsmittel aus 1 bis 3 Kugeln unterstützen die Beckenbodengesundheit, ersetzen aber keinesfalls eine professionelle Reha beim Physiotherapeuten oder der Hebamme.
Pilates bei hypertonem Beckenboden – Vorsicht!
Bei einem hypertonen Beckenboden kann Pilates Beschwerden oder Schmerzen verursachen. Daher wird eine professionelle Betreuung dringend empfohlen. Ein/e Physiotherapeut/in kann den Fokus auf Dehnung und Entspannung legen, anstatt ausschließlich auf Aktivierung.
Pilates ist eine sanfte, effektive Methode zur Beckenbodenstärkung. Bei Harnproblemen oder schwachem Beckenboden allein reicht sie jedoch oft nicht aus, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Perifit Care+ Sonde bietet eine hochwertige Lösung, um den Beckenboden bequem zu Hause zu trainieren – ideal als Ergänzung zu Pilates oder professioneller Reha. Seit Kurzem ist Perfit Care+ auch als Heilmittel erstattungsfähig und kann von ärztlicher Seite verordnet werden.
Quellen:
- Publimed-Is pilates as effective as conventional pelvic floor muscle exercises in the conservative treatment of post-prostatectomy urinary incontinence? A randomised controlled trial
- Publimed-The effectiveness of a Pilates exercise program during pregnancy on childbirth outcomes: a randomised controlled clinical trial
- Publimed- Pelvic floor muscle training for secondary prevention of pelvic organ prolapse (PREVPROL): a multicentre randomised controlled trial
- Publimed-The effects of pilates exercise on female sexual dysfunction in women: a controlled, prospective study
- Publimed -Exercise regimens other than pelvic floor muscle training cannot increase pelvic muscle strength-a systematic review




