Die Pudendusneuralgie ist eine seltene, aber oft stark beeinträchtigende Form von Nervenschmerz im Beckenbereich. Sie betrifft Frauen und Männer gleichermaßen und wird häufig erst spät erkannt. In diesem Artikel erfahren Sie, was eine Pudendusneuralgie ist, wie sie sich äußert, welche Ursachen zugrunde liegen können und welche modernen Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Sie finden außerdem wertvolle Tipps zur Prävention und Hinweise, wie Sie Ihre Lebensqualität trotz Diagnose verbessern können.
Was ist eine Pudendusneuralgie?
Die Pudendusneuralgie ist eine chronische, neuropathische Schmerzstörung, die durch die Reizung oder Kompression des Nervus pudendus ausgelöst wird. Dieser Nerv versorgt sensorisch und motorisch den Damm, die äußeren Genitalien sowie den Anusbereich.
💡 Typisch ist eine Verschlimmerung der Beschwerden im Sitzen, während sie im Liegen oder Stehen nachlassen.
Häufig wird auch vom Alcock-Kanal-Syndrom gesprochen, da der Nerv auf seinem Weg durch das Becken verschiedene Engstellen passiert, an denen er eingeklemmt werden kann.
Welche Symptome hat eine Pudendusneuralgie?
Die Symptome sind vielfältig, betreffen aber meist den Bereich zwischen After und Genitalien (Perineum):
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Brennende, stechende oder elektrisierende Schmerzen im Dammbereich
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Schmerzen, die im Sitzen zunehmen und im Liegen nachlassen
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Gefühl eines Fremdkörpers im Rektum oder in der Scheide
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Schmerzen beim Sex (Dyspareunie), Erektionsstörungen oder Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang
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Manchmal auch Taubheitsgefühle oder Überempfindlichkeit der Haut
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Die Schmerzen wecken in der Regel nicht aus dem Schlaf
Ist der Schmerz bei einer Pudendusneuralgie dauerhaft?
Die Schmerzen sind meist chronisch, können aber in ihrer Intensität schwanken. Typisch ist, dass sie durch bestimmte Aktivitäten wie langes Sitzen, Radfahren oder Geschlechtsverkehr verstärkt werden. In Ruhephasen, insbesondere im Liegen, lassen die Beschwerden oft nach.
Wie kann man eine Pudendusneuralgie von anderen Becken-Schmerzen unterscheiden?
Die Pudendusneuralgie lässt sich anhand folgender Merkmale von anderen Beckenbodenfunktionsstörungen und Schmerzsyndromen abgrenzen:
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Schmerzlokalisation im Versorgungsgebiet des Nervus pudendus (Damm, äußere Genitalien, Analregion)
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Verschlimmerung im Sitzen, Besserung im Stehen oder Liegen
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Keine nächtlichen Schmerzattacken
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Oft keine Auffälligkeiten in bildgebenden Verfahren
Andere Ursachen für Beckenschmerzen, wie muskuläre Verspannungen, gynäkologische Erkrankungen oder orthopädische Probleme, zeigen meist ein anderes Beschwerdebild und sprechen auf andere Therapien an.
Welche Untersuchungen helfen bei der Diagnose einer Pudendusneuralgie?
Die Diagnose ist vor allem klinisch und basiert auf den Nantes-Kriterien:
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Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus pudendus
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Schmerzverstärkung im Sitzen
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Keine nächtlichen Schmerzen
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Kein Gefühlsverlust im betroffenen Areal
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Vorübergehende Schmerzfreiheit nach einer lokalen Pudendusblockade
Bildgebende Verfahren wie MRT oder Ultraschall können andere Ursachen ausschließen, zeigen aber meist keine Veränderungen am Nerv selbst. Eine testweise Injektion (Infiltration) mit einem Lokalanästhetikum kann die Diagnose sichern.
Was sind die Ursachen einer Pudendusneuralgie?
Nervenkompression (Alcock-Kanal-Syndrom)
Die häufigste Ursache ist eine Einengung des Nervus pudendus im sogenannten Alcock-Kanal, einem Tunnel aus Bindegewebe und Muskeln im kleinen Becken.
Trauma oder Beckenoperationen
Operationen im Beckenbereich, Geburten oder direkte Verletzungen können den Nerv schädigen oder ein Narbengewebe verursachen, das auf den Nerv drückt.
Muskuläre und posturale Faktoren
Verspannungen oder Fehlhaltungen der Beckenbodenmuskulatur können zu einer chronischen Reizung des Nervs führen. Auch eine Beckenbodenfunktionsstörung ist ein möglicher Auslöser.
Risikofaktoren (Radfahren, Reiten, Geburt…)
Längeres Radfahren, Reiten, häufiges Sitzen auf harten Unterlagen und schwere Geburten erhöhen das Risiko für eine Pudendusneuralgie. Auch bestimmte Sportarten oder berufliche Belastungen können eine Rolle spielen.
Welche Behandlungen helfen bei einer Pudendusneuralgie?
Medikamentöse Behandlung
Zur Schmerzlinderung werden häufig Medikamente wie Antikonvulsiva (Antiepileptika) oder Antidepressiva eingesetzt, die speziell bei neuropathischen Schmerzen wirken. Auch klassische Schmerzmittel oder lokale Betäubungsmittel können helfen.
Physiotherapie und Rehabilitation
Gezielte Beckenboden-Entspannungsübungen, Dammmassage und manuelle Therapie des Beckenbodens können Verspannungen lösen und die Nervenreizung reduzieren. Eine spezialisierte Physiotherapie ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung.
Injektionen und medizinische Eingriffe
Nervenblockaden mit Lokalanästhetika oder Kortison können die Schmerzen vorübergehend lindern und zur Diagnosesicherung dienen. Bei chronischem Verlauf kommen auch Radiofrequenztherapien oder andere minimalinvasive Verfahren infrage.
Chirurgie (als letzter Ausweg)
Wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, kann eine operative Dekompression des Nervs erwogen werden. Dies ist jedoch nur in spezialisierten Zentren und nach sorgfältiger Abwägung sinnvoll.
Tipps und Prävention zur Vermeidung einer Verschlimmerung
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Vermeiden Sie langes Sitzen auf harten Unterlagen, nutzen Sie spezielle Sitzkissen
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Regelmäßige Beckenboden-Entspannungsübungen und Massagen im Dammbereich können helfen, Verspannungen zu lösen
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Achten Sie auf eine gute Körperhaltung und vermeiden Sie Risikobelastungen wie exzessives Radfahren
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Bei ersten Anzeichen von Schmerzen im Damm- oder Genitalbereich frühzeitig ärztlichen Rat einholen
Kann eine Pudendusneuralgie geheilt werden?
Die Heilungschancen hängen von der Ursache, dem Schweregrad und dem Zeitpunkt der Behandlung ab. Bei frühzeitiger Diagnose und gezielter Therapie lassen sich die Beschwerden häufig deutlich lindern oder sogar beseitigen. In manchen Fällen bleibt jedoch eine chronische Schmerzsymptomatik bestehen, die einer dauerhaften Behandlung bedarf. Ein interdisziplinärer Ansatz, der auch Physiotherapie und psychologische Unterstützung einschließt, ist besonders erfolgversprechend.
Die Pudendusneuralgie ist eine komplexe, oft unterschätzte Schmerzstörung im Beckenbereich. Eine frühzeitige Diagnose und ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept – bestehend aus medikamentöser Behandlung, Physiotherapie und ggf. interventionellen Maßnahmen – sind entscheidend für die Lebensqualität der Betroffenen.
Quellen: