Warum hat mir niemand etwas über den Beckenboden gesagt?
“Mach deine Kegel-Übungen, damit deine Scheide nicht herausfällt.”
Genau das hat mir meine Mutter im zarten Alter von 12 Jahren gesagt. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kannte weder den medizinischen Namen, noch wusste ich, was eine Kegel-Übung (oder Beckenbodenübung) ist, warum ich sie machen sollte und wie der Beckenboden funktioniert.
Die Chancen stehen gut, dass auch Sie kaum oder nur wenig über den Beckenboden aufgeklärt wurden. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem wir meist offen über die Periode und die Wechseljahre sprechen, aber was den Beckenboden angeht, gibt es immer noch einen Informationsmangel. Dabei hat jeder von uns einen Beckenboden (ja, auch Männer!), und obwohl diese Körperpartie so viel leistet und steuert, wird sie viel zu selten erwähnt.
Okay, aber was genau ist der Beckenboden?
Der Beckenboden ist die Muskelschlinge, die die wichtigsten Beckenorgane (einschließlich Blase, Darm, Vagina und Gebärmutter) stützt und die tägliche Funktion von Blase und Darm aufrechterhält. Er hat zwei Hauptfunktionen:
- Schließmuskelkontrolle: Durch das Zusammenziehen der Beckenbodenmuskeln werden die Harn- und Analschließmuskel geschlossen, was die Kontinenz sicherstellt. Beim Entspannen der Beckenbodenmuskulatur öffnen sich die Harn- und Analschließmuskeln und ermöglichen so das freiwillige Wasserlassen bzw. Stuhlgang. Diese Funktion ist auch für unsere sexuelle Gesundheit wichtig.
- Unterstützung der Beckenorgane: Die Beckenbodenmuskulatur, Bänder und Bindegewebe sind wichtig für die Regulierung des intraabdominalen Drucks und stützen die Beckenorgane in der richtigen Position, um einen Prolaps zu verhindern.
Abgesehen von diesen beiden Funktionen ist der Beckenboden auch für Ihr Sexualleben wichtig, da ein Orgasmus aus einer Reihe von Muskelkontraktionen besteht, von denen ein Großteil von den Beckenmuskeln gesteuert wird. Je stärker, Ihr Beckenboden, desto weniger müssen Sie beim Niesen oder Lachen pinkeln und desto stärker sind Ihre Orgasmen!!
Warum redet niemand über den Beckenboden?
Eine von drei Frauen leidet an einer Beckenbodenfunktionsstörung, die lästige Symptome wie Prolaps und Inkontinenz verursacht. Trotz dieser alarmierenden Statistik vermeiden oder verschieben viele Frauen eine Behandlung, weil es ihnen peinlich ist, über ihre Probleme zu sprechen.
Ursachen für eine Beckenbodenfunktionsstörung können u.a. eine Schwangerschaft, Geburt, fortschreitendes Alter und vieles mehr sein. Viele Betroffene berichten von Symptomen wie Unwohlsein, Inkontinenz oder Schmerzen. Erschreckend ist, dass sich viele einfach mit dem Zustand abfinden und denken, dass die Symptome zur Mutterschaft oder zum Älterwerden dazugehören. Aber obwohl Beckenbodenstörungen häufig vorkommen, sind sie noch lange nicht normal.
In Anbetracht der Symptome ist es schwer zu verstehen, warum nicht häufiger und offener über diese Probleme gesprochen wird. Liegt es daran, dass die Muskeln in der Intimzone liegen und dass es uns deshalb peinlich ist, darüber zu sprechen? Liegt es daran, dass diese Störungen häufiger bei Frauen vorkommen? Liegt es vielleicht daran, dass diese Probleme üblicherweise mit dem Wochenbett oder dem Älterwerden in Verbindung gebracht werden? Wird das Thema deshalb nur in diesen Kreisen angesprochen? Oder liegt es daran, dass wir diese Muskelgruppe einfach nicht sehen, wenn wir in den Spiegel schauen, und deshalb nicht begreifen, wie wichtig sie ist? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus all diesen Faktoren.
Aber es gibt noch Hoffnung! Wie bei den Wechseljahren und der Periode wird auch immer häufiger öffentlich über den Beckenboden diskutiert. Berühmte Persönlichkeiten wie Zosia Mamet, Kate Winslet und Helena Bonham Carter haben über ihre Beckenbodenprobleme gesprochen. Diese Gespräche tragen dazu bei, dass sich andere wohler fühlen, das Thema anzusprechen und ihren Arzt aufzusuchen.
Fangen Sie jung an
Kinder sollten besser früher als später über den Beckenboden aufgeklärt werden. Indem die jüngere Generation schon früh über die Bedeutung dieser Muskelgruppe und des richtigen Trainings aufgeklärt wird, könnten Millionen von Menschen davor bewahrt werden, später im Leben mit Beschwerden zu kämpfen.
Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) hat genau das gesagt. Es schlägt vor, das Thema Beckenbodentraining in den Aufklärungsunterricht im Alter von 12 bis 17 Jahren aufzunehmen. Prof. Gillian Leng, Leiterin des NICE, sagte dazu: "Der wirksamste Weg, um Beckenbodenfehlfunktionen zu verhindern, ist, das Bewusstsein über die Beckenbodengesundheit zu schärfen und Frauen zu ermutigen, ihr ganzen Leben lang Beckennbodenübungen durchzuführen."
Hier die brennende Frage: Wie beuge ich Beckenbodenfehlfunktionen vor
Eine Möglichkeit, Beckenbodenfehlfunktionen vorzubeugen, besteht darin, den Beckenboden gesund und stark zu halten. Wie jeder andere Muskel in unserem Körper verbessert ein starker Beckenboden, der zur richtigen Zeit und auf die richtige Art und Weise angespannt werden kann, die Gesamtfunktion.
Da wir den Beckenboden jedoch nicht sehen können, ist es schwer zu erkennen, ob die Muskeln schwächer werden oder "verkümmern" (was bedeutet, dass sie an Masse verlieren und kleiner werden). Manchmal haben wir anfangs nicht einmal Symptome! Häufige Frühsymptome eines schwachen Beckenbodens sind Urinverlust beim Husten oder Niesen oder sogar beim Lachen oder Sport. Um die Blasenkontrolle zu verbessern, müssen die Beckenbodenmuskeln gezielt gestärkt werden. Ein starker Beckenboden geht Hand in Hand mit der allgemeinen Beckengesundheit.