Hypertoner Beckenboden: So erkennst und entspannst du ihn

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Ein hypertoner Beckenboden – auch als verspannter Beckenboden bekannt – kann viele Beschwerden verursachen, die oft nicht sofort mit dem Beckenboden in Verbindung gebracht werden. In diesem Artikel erfährst du, wie du einen hypertonen Beckenboden erkennst, was die Ursachen sind und wie du gezielt Entspannung fördern kannst.

Was ist ein hypertoner Beckenboden?

Ein hypertoner Beckenboden beschreibt eine übermäßige Anspannung der Beckenbodenmuskulatur. Statt flexibel auf Belastungen zu reagieren, bleibt die Muskulatur dauerhaft angespannt.

💡 Dies kann zu einer Vielzahl von Beschwerden führen und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen.

Was ist der Unterschied zwischen einem hypertonen und einem hypotonen Beckenboden?

Während beim hypertonen Beckenboden die Muskulatur zu stark angespannt ist, liegt bei einem hypotonen Beckenboden eine Schwäche der Muskulatur vor. Ein hypotoner Beckenboden kann häufig zu Inkontinenz oder einem Gefühl von Instabilität führen.


Im Gegensatz dazu äußert sich ein verspannter Beckenboden eher durch Schmerzen und Funktionsstörungen.

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Symptome eines hypertonen Beckenbodens erkennen

Ein verspannter Beckenboden kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Die Beschwerden sind oft unspezifisch und werden nicht immer sofort erkannt.

Schmerzen

Chronische Schmerzen im Beckenbereich, Rücken oder Unterbauch können auf einen hypertonen Beckenboden hinweisen. Auch sogenannte Pudendusneuralgie – Schmerzen entlang des Pudendusnervs – sind möglich.

Harndrang

Betroffene berichten häufig über einen ständigen oder plötzlichen Harndrang, obwohl die Blase nicht voll ist. Dies kann auf eine Beckenbodenfunktionsstörung hindeuten.

Schmerzen beim Sex

Schmerzen beim Sex (1) (Dyspareunie) sind ein häufiges Symptom bei einem verspannten Beckenboden. Die Muskulatur kann sich nicht ausreichend entspannen, was zu unangenehmen oder schmerzhaften Empfindungen führt.

Verstopfung

Ein zu angespannter Beckenboden kann die Darmentleerung erschweren und so zu chronischer Verstopfung beitragen.

Was sind die Ursachen für einen verspannten Beckenboden?

Die Gründe für einen hypertonen Beckenboden sind vielfältig:

  • Stress und emotionale Anspannung: Psychische Belastungen führen oft zu einer unbewussten Anspannung der Muskulatur.
  • Fehlhaltungen im Alltag: Längeres Sitzen oder eine schlechte Körperhaltung können Verspannungen begünstigen.
  • Übermäßiges Muskeltraining: Zu intensives Training, insbesondere ohne gezielte Entspannung, kann die Muskulatur überfordern.
  • Chronische Schmerzen oder Traumata: Frühere Verletzungen oder Operationen im Beckenbereich können eine dauerhafte Verspannung auslösen.
  • Schmerzhafter oder nicht einvernehmlicher Geschlechtsverkehr: Negative Erfahrungen können zu einer Schutzspannung führen.
  • Sportarten mit hoher Belastung: Disziplinen wie Gewichtheben oder Trampolinspringen belasten den Beckenboden stark und können zu Beckenbodenschmerzen nach dem Sport führen.
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Welche Übungen werden bei einem hypertonen Beckenboden empfohlen?

Das Ziel ist die Entspannung und die Wiederherstellung der Flexibilität des Beckenbodens. Hier findest du Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu den wichtigsten Übungen:

1. Bewusste Atemübungen (tiefe Bauchatmung)

Ziel: Entspannung der Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Atmung.


So geht’s:

  1. Setze oder lege dich bequem hin, die Schultern sind entspannt.
  2. Lege eine Hand auf den Bauch, die andere auf den Brustkorb.
  3. Atme langsam durch die Nase ein und spüre, wie sich der Bauch hebt (der Brustkorb bleibt möglichst ruhig).
  4. Beim Ausatmen durch den Mund entspanne bewusst den Beckenboden und lasse die Muskulatur „nach unten sinken“.
  5. Wiederhole die Übung für 5–10 Atemzüge, mehrmals täglich.

💡 Tipp: Visualisiere beim Ausatmen, wie die Beckenbodenmuskeln loslassen und weich werden.

2. Progressive Muskelentspannung nach Jacobson (für den Beckenboden angepasst)

Ziel: Bewusstes Anspannen und Entspannen zur besseren Körperwahrnehmung und Lockerung.


So geht’s:

  1. Suche dir einen ruhigen Ort und lege dich entspannt auf den Rücken.
  2. Spanne die Beckenbodenmuskulatur sanft an (wie beim Zurückhalten von Urin), halte die Spannung für 3–5 Sekunden.
  3. Lasse die Spannung bewusst los und spüre nach, wie die Muskulatur entspannt.
  4. Wiederhole diesen Ablauf 5–8 Mal, achte darauf, dass die Entspannungsphase immer doppelt so lang ist wie die Anspannungsphase.

💡 Tipp: Der Fokus liegt auf dem Loslassen, nicht auf der Kraft der Anspannung.

3. Sanftes Dehnen (z.B. Yoga-Positionen)

Kindespose (Balasana):

  1. Knie dich auf eine Matte, setze dich auf die Fersen.
  2. Beuge den Oberkörper nach vorne, die Stirn auf den Boden, die Arme nach vorne oder neben den Körper legen.
  3. Atme tief in den Bauch und spüre, wie sich der Beckenboden mit jeder Ausatmung entspannt.
  4. Bleibe 1–2 Minuten in dieser Position.

Schmetterlingssitz (Baddha Konasana):

  1. Setze dich aufrecht hin, bringe die Fußsohlen zusammen und lasse die Knie sanft nach außen fallen.
  2. Halte die Füße mit den Händen, der Rücken bleibt gerade.
  3. Atme ruhig und lasse mit jeder Ausatmung die Knie etwas tiefer sinken.
  4. Halte die Position für 1–2 Minuten.

4. Faszientraining mit weichen Bällen oder Rollen

Ziel: Verspannungen im Beckenbodenbereich lösen.


So geht’s:

  1. Nimm einen weichen Faszienball (z.B. Franklin Ball).
  2. Setze dich vorsichtig auf den Ball, sodass er unter dem Beckenboden liegt (am besten auf einer Matte).
  3. Rolle sanft vor und zurück oder von Seite zu Seite, ohne Schmerzen zu verursachen.
  4. Übe für 2–3 Minuten, atme dabei ruhig und bewusst.

💡 Tipp: Beginne mit wenig Druck und steigere nur, wenn es angenehm bleibt.

Wichtig: Ein individuelles Übungsprogramm sollte immer mit einer spezialisierten Fachkraft, wie einer Beckenbodentherapeutin, abgestimmt werden. Jede Frau ist einzigartig, und was einer Frau hilft, kann bei einer anderen die Beschwerden verstärken.

Übungen, die du vermeiden solltest bei einem hypertonen Beckenboden

Bei einem hypertonen Beckenboden sind kräftigende Übungen wie intensives Beckenbodentraining, Kegel-Übungen oder schweres Krafttraining kontraproduktiv. Auch Übungen, die gezielt auf Muskelaufbau abzielen, sollten zunächst vermieden werden, um die Verspannung nicht zu verstärken. 

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Kann man Perifit bei einem hypertonen Beckenboden verwenden?

Die Verwendung von Perifit bei einem hypertonen Beckenboden hängt von deiner individuellen Situation ab, grundsätzlich raten wir jedoch davon ab. Wenn du dich während der Kegel-Übungen gezielt auf die Entspannung und das Loslassen der Muskulatur konzentrieren kannst, ist die Nutzung des Geräts in der Regel unproblematisch. Wird jedoch vor allem die Kontraktion betont und die Entspannungsphase vernachlässigt, kann dies zu einer zusätzlichen Verspannung des Beckenbodens führen.

💡 Außerdem ist zu beachten, dass das Einführen der Sonde bei ausgeprägten Verspannungen im Beckenboden schwierig oder unangenehm sein kann.

Ein hypertoner Beckenboden ist behandelbar, wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Eine professionelle Begleitung und gezielte Entspannungsübungen sind entscheidend. Bei Unsicherheiten oder anhaltenden Beschwerden lohnt sich die Konsultation einer spezialisierten Fachkraft.

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Lisa BRAUN
Beckenboden-Physiotherapeutin, Mutter und Gründerin von femphysio
Spezialisiert auf Frauengesundheit mit dem Fokus auf Schwangerschaft, Rückbildung und Beckenboden.

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